Franz Kafka, Der Prozess 4. Kapitel
Der Roman `Der Prozess` von Franz Kafka.
4. Kapitel
VIERTES KAPITEL
DIE FREUNDIN DES FRÄULEIN BÜRSTNER
In der nächsten Zeit war es K. unmöglich, mit Fräulein Bürstner auch nur einige
wenige Worte zu sprechen. Er versuchte auf die verschiedenste Weise an sie
heranzukommen, sie aber wußte es immer zu verhindern. Er kam gleich nach dem
Bureau nach Hause, blieb in seinem Zimmer, ohne das Licht anzudrehn, auf dem
Kanapee sitzen und beschäftigte sich mit nichts anderem, als das Vorzimmer zu
beobachten. Ging etwa
das Dienstmädchen vorbei und schloß die Tür des scheinbar leeren Zimmers, so stand er nach einem Weilchen auf und öffnete sie wieder. Des Morgens stand er um eine Stunde früher auf als sonst, um vielleicht Fräulein Bürstner allein treffen zu können, wenn sie ins Bureau ging. Aber keiner dieser Versuche gelang. Dann schrieb er ihr einen Brief sowohl ins Bureau als auch in die Wohnung, suchte darin nochmals sein Verhalten zu rechtfertigen, bot sich zu jeder Genugtuung an, versprach, niemals die Grenzen zu überschreiten, die sie ihm setzen würde und bat nur, ihm die Möglichkeit zu geben, einmal mit ihr zu sprechen, besonders da er auch bei Frau Grubach nichts veranlassen könne, solange er sich nicht vorher mit ihr beraten habe, schließlich teilte er ihr mit, daß er den nächsten Sonntag während des ganzen Tages in seinem Zimmer auf ein Zeichen von ihr warten werde, das ihm die Erfüllung seiner Bitte in Aussicht stelle oder das ihm wenigstens erklären solle, warum sie die Bitte nicht erfüllen könne, trotzdem er doch versprochen habe, sich in allem ihr zu fügen. Die Briefe kamen nicht zurück, aber es erfolgte auch keine Antwort. Dagegen gab es Sonntag ein Zeichen, dessen Deutlichkeit genügend war. Gleich früh bemerkte K. durch das Schlüsselloch eine besondere Bewegung im Vorzimmer, die sich bald aufklärte.
Eine Lehrerin des Französischen, sie war übrigens eine Deutsche und hieß Montag,
ein schwaches, blasses, ein wenig hinkendes Mädchen, das bisher ein eigenes
Zimmer bewohnt hatte, übersiedelte in das Zimmer des Fräulein Bürstner.
Stundenlang sah man sie durch das Vorzimmer schlürfen. Immer war noch ein
Wäschestück oder ein Deckchen oder ein Buch vergessen, das besonders geholt und
in die neue Wohnung hinübergetragen werden mußte.
Als Frau Grubach K. das
Frühstück brachte – sie überließ, seitdem sie K. so erzürnt hatte, auch nicht
die geringste Bedienung dem Dienstmädchen – konnte sich K. nicht zurückhalten,
sie zum erstenmal anzusprechen. „Warum ist denn heute ein solcher Lärm im
Vorzimmer?“ fragte er, während er den Kaffee eingoß, „könnte das nicht
eingestellt werden? Muß gerade am Sonntag aufgeräumt werden?“ Trotzdem K. nicht
zu Frau Grubach aufsah, bemerkte er doch, daß sie wie erleichtert aufatmete.
Selbst diese strengen Fragen K.s faßte sie als Verzeihung oder als Beginn der
Verzeihung auf. „Es wird nicht aufgeräumt, Herr K.,“ sagte sie, „Fräulein Montag
übersiedelt nur zu Fräulein Bürstner und schafft ihre Sachen hinüber.“ Sie sagte
nichts weiter, sondern wartete, wie K. es aufnehmen und ob er ihr gestatten
würde, weiter zu reden. K. stellte sie aber auf die Probe, rührte nachdenklich
den Kaffee mit dem Löffel und schwieg. Dann sah er zu ihr auf und sagte: „Haben
Sie schon Ihren frühern Verdacht wegen Fräulein Bürstner aufgegeben.“ „Herr K.,“
rief Frau Grubach, die nur auf diese Frage gewartet hatte und hielt K. ihre
gefalteten Hände hin. „Sie haben eine gelegentliche Bemerkung letzthin so schwer
genommen. Ich habe ja nicht im entferntesten daran gedacht, Sie oder irgend
jemand zu kränken. Sie kennen mich doch schon lange genug, Herr K., um davon
überzeugt sein zu können. Sie wissen gar nicht, wie ich die letzten Tage
gelitten habe! Ich sollte meine Mieter verleumden! Und Sie, Herr K., glaubten
es! Und sagten, ich solle Ihnen kündigen! Ihnen kündigen!“ Der letzte Ausruf
erstickte schon unter Tränen, sie hob die Schürze zum Gesicht und schluchzte
laut.
„Weinen Sie doch nicht, Frau Grubach,“ sagte K. und sah zum Fenster
hinaus, er dachte nur an Fräulein Bürstner und daran, daß sie ein fremdes
Mädchen in ihr Zimmer aufgenommen hatte. „Weinen Sie doch nicht,“ sagte er
nochmals, als er sich ins Zimmer zurückwandte und Frau Grubach noch immer
weinte. „Es war ja damals auch von mir nicht so schlimm gemeint. Wir haben eben
einander gegenseitig mißverstanden. Das kann auch alten Freunden einmal
geschehn.“ Frau Grubach rückte die Schürze unter die Augen, um zu sehn, ob K.
wirklich versöhnt sei. „Nun ja, es ist so,“ sagte K. und wagte nun, da nach dem
Verhalten der Frau Grubach zu schließen, der Hauptmann nichts verraten hatte,
noch hinzuzufügen: „Glauben Sie denn wirklich, daß ich mich wegen eines fremden
Mädchens mit Ihnen verfeinden könnte.“ „Das ist es ja eben, Herr K.,“ sagte Frau
Grubach, es war ihr Unglück, daß sie, sobald sie sich nur irgendwie freier
fühlte, gleich etwas Ungeschicktes sagte. „Ich fragte mich immerfort: Warum
nimmt sich Herr K. so sehr des Fräulein Bürstner an? Warum zankt er ihretwegen
mit mir, trotzdem er weiß, daß mir jedes böse Wort von ihm den Schlaf nimmt? Ich
habe ja über das Fräulein nichts anderes gesagt, als was ich mit eigenen Augen
gesehen habe.“ K. sagte dazu nichts, er hätte sie mit dem ersten Wort aus dem
Zimmer jagen müssen und das wollte er nicht. Er begnügte sich damit, den Kaffee
zu trinken und Frau Grubach ihre Überflüssigkeit fühlen zu lassen. Draußen hörte
man wieder den schleppenden Schritt des Fräulein Montag, welche das ganze
Vorzimmer durchquerte. „Hören Sie es?“ fragte K. und zeigte mit der Hand nach
der Tür. „Ja,“ sagte Frau Grubach und seufzte, „ich wollte ihr helfen und auch
vom Dienstmädchen helfen lassen, aber sie ist eigensinnig, sie will alles selbst
übersiedeln. Ich wundere mich über Fräulein Bürstner. Mir ist es oft lästig, daß
ich Fräulein Montag in Miete habe, Fräulein Bürstner aber nimmt sie sogar zu
sich ins Zimmer.“ Das muß Sie gar nicht kümmern,“ sagte K. und zerdrückte die
Zuckerreste in der Tasse. „Haben Sie denn dadurch einen Schaden?“ „Nein,“ sagte
Frau Grubach, „an und für sich ist es mir ganz willkommen, ich bekomme dadurch
ein Zimmer frei und kann dort meinen Neffen, den Hauptmann, unterbringen. Ich
fürchtete schon längst, daß er Sie in den letzten Tagen, während derer ich ihn
nebenan im Wohnzimmer wohnen lassen mußte, gestört haben könnte. Er nimmt nicht
viel Rücksicht.“ „Was für Einfälle!“ sagte K. und stand auf, „davon ist ja keine
Rede. Sie scheinen mich wohl für überempfindlich zu halten, weil ich diese
Wanderungen des Fräulein Montag – jetzt geht sie wieder zurück – nicht vertragen
kann.“ Frau Grubach kam sich recht machtlos vor. „Soll ich, Herr K., sagen, daß
sie den restlichen Teil der Übersiedelung aufschieben soll? Wenn Sie wollen, tue
ich es sofort.“ „Aber sie soll doch zu Fräulein Bürstner übersiedeln!“ sagte K.
„Ja,“ sagte Frau Grubach, sie verstand nicht ganz, was K. meinte. „Nun also,“
sagte K., „dann muß sie doch ihre Sachen hinübertragen.“ Frau Grubach nickte
nur. Diese stumme Hilflosigkeit, die äußerlich nicht anders aussah als Trotz,
reizte K. noch mehr. Er fing an, im Zimmer vom Fenster zur Tür auf und ab zu
gehn und nahm dadurch Frau Grubach die Möglichkeit, sich zu entfernen, was sie
sonst wahrscheinlich getan hätte.
Gerade war K. einmal wieder bis zur Tür
gekommen, als es klopfte. Es war das Dienstmädchen, welches meldete, daß
Fräulein Montag gern mit Herrn K. ein paar Worte sprechen möchte und daß sie ihn
deshalb bitte, ins Eßzimmer zu kommen, wo sie ihn erwarte. K. hörte das
Dienstmädchen nachdenklich an, dann wandte er sich mit einem fast höhnischen
Blick nach der erschrockenen Frau Grubach um. Dieser Blick schien zu sagen, daß
K. diese Einladung des Fräulein Montag schon längst vorausgesehen habe und daß
sie auch sehr gut mit der Quälerei zusammenpasse, die er diesen Sonntagvormittag
von den Mietern der Frau Grubach erfahren mußte. Er schickte das Dienstmädchen
zurück mit der Antwort, daß er sofort komme, ging dann zum Kleiderkasten, um den
Rock zu wechseln und hatte als Antwort für Frau Grubach, welche leise über die
lästige Person jammerte, nur die Bitte, sie möge das Frühstücksgeschirr schon
forttragen. „Sie haben ja fast nichts angerührt,“ sagte Frau Grubach. „Ach,
tragen Sie es doch weg,“ rief K., es war ihm, als sei irgendwie allem Fräulein
Montag beigemischt und mache es widerwärtig.
Als er durch das Vorzimmer
ging, sah er nach der geschlossenen Tür von Fräulein Bürstners Zimmer. Aber er
war nicht dorthin eingeladen, sondern in das Eßzimmer, dessen Tür er aufriß,
ohne zu klopfen.
Es war ein sehr langes aber schmales einfenstriges Zimmer.
Es war dort nur so viel Platz vorhanden, daß man in den Ecken an der Türseite
zwei Schränke schief hatte aufstellen können, während der übrige Raum
vollständig von dem langen Speisetisch eingenommen war, der in der Nähe der Tür
begann und bis knapp zum großen Fenster reichte, welches dadurch fast
unzugänglich geworden war. Der Tisch war bereits gedeckt, und zwar für viele
Personen, da am Sonntag fast alle Mieter hier zu Mittag aßen.
Als K.
eintrat, kam Fräulein Montag vom Fenster her an der einen Seite des Tisches
entlang K. entgegen. Sie grüßten einander stumm. Dann sagte Fräulein Montag, wie
immer den Kopf ungewöhnlich aufgerichtet: „Ich weiß nicht, ob Sie mich kennen.“
K. sah sie mit zusammengezogenen Augen an. „Gewiß,“ sagte er, „Sie wohnen doch
schon längere Zeit bei Frau Grubach.“ „Sie kümmern sich aber, wie ich glaube,
nicht viel um die Pension,“ sagte Fräulein Montag. „Nein,“ sagte K. „Wollen Sie
sich nicht setzen,“ sagte Fräulein Montag. Sie zogen beide schweigend zwei
Sessel am äußersten Ende des Tisches hervor und setzten sich einander gegenüber.
Aber Fräulein Montag stand gleich wieder auf, denn sie hatte ihr Handtäschchen
auf dem Fensterbrett liegengelassen und ging es holen; sie schleifte durch das
ganze Zimmer. Als sie, das Handtäschchen leicht schwenkend, wieder zurückkam,
sagte sie: „Ich möchte nur im Auftrag meiner Freundin ein paar Worte mit Ihnen
sprechen. Sie wollte selbst kommen, aber sie fühlt sich heute ein wenig unwohl.
Sie möchten sie entschuldigen und mich statt ihrer anhören. Sie hätte Ihnen auch
nichts anderes sagen können, als ich Ihnen sagen werde. Im Gegenteil, ich
glaube, ich kann Ihnen sogar mehr sagen, da ich doch verhältnismäßig unbeteiligt
bin. Glauben Sie nicht auch?“
„Was wäre denn zu sagen?“ antwortete K., der
dessen müde war, die Augen des Fräulein Montag fortwährend auf seine Lippe
gerichtet zu sehn. Sie maßte sich dadurch eine Herrschaft schon darüber an, was
er erst sagen wollte. „Fräulein Bürstner will mir offenbar die persönliche
Aussprache, um die ich sie gebeten habe, nicht bewilligen.“ „Das ist es,“ sagte
Fräulein Montag, „oder vielmehr, so ist es gar nicht, Sie drücken es sonderbar
scharf aus. Im allgemeinen werden doch Aussprachen weder bewilligt, noch
geschieht das Gegenteil. Aber es kann geschehn, daß man Aussprachen für unnötig
hält und so ist es eben hier. Jetzt, nach Ihrer Bemerkung kann ich ja offen
reden. Sie haben meine Freundin schriftlich oder mündlich um eine Unterredung
gebeten. Nun weiß aber meine Freundin, so muß ich wenigstens annehmen, was diese
Unterredung betreffen soll, und ist deshalb aus Gründen, die ich nicht kenne,
überzeugt, daß es niemandem Nutzen bringen würde, wenn die Unterredung wirklich
zustande käme. Im übrigen erzählte sie mir erst gestern und nur ganz flüchtig
davon, sie sagte hierbei, daß auch Ihnen jedenfalls nicht viel an der
Unterredung liegen könne, denn Sie wären nur durch einen Zufall auf einen
derartigen Gedanken gekommen und würden selbst auch ohne besondere Erklärung,
wenn nicht schon jetzt, so doch sehr bald die Sinnlosigkeit des Ganzen erkennen.
Ich antwortete darauf, daß das richtig sein mag, daß ich es aber zur
vollständigen Klarstellung doch für vorteilhaft halten würde, Ihnen eine
ausdrückliche Antwort zukommen zu lassen. Ich bot mich an, diese Aufgabe zu
übernehmen, nach einigem Zögern gab meine Freundin mir nach. Ich hoffe nun aber
auch in Ihrem Sinne gehandelt zu haben, denn selbst die kleinste Unsicherheit in
der geringfügigsten Sache ist doch immer quälend und wenn man sie, wie in diesem
Falle, leicht beseitigen kann, so soll es doch besser sofort geschehn.“ „Ich
danke Ihnen,“ sagte K. sofort, stand langsam auf, sah Fräulein Montag an, dann
über den Tisch hin, dann aus dem Fenster – das gegenüberliegende Haus stand in
der Sonne – und ging zur Tür. Fräulein Montag folgte ihm ein paar Schritte, als
vertraue sie ihm nicht ganz. Vor der Tür mußten aber beide zurückweichen, denn
sie öffnete sich und der Hauptmann Lanz trat ein. K. sah ihn zum erstenmal aus
der Nähe. Es war ein großer, etwa 40jähriger Mann mit braungebranntem
fleischigen Gesicht. Er machte eine leichte Verbeugung, die auch K. galt, ging
dann zu Fräulein Montag und küßte ihr ehrerbietig die Hand. Er war sehr gewandt
in seinen Bewegungen. Seine Höflichkeit gegen Fräulein Montag stach auffallend
von der Behandlung ab, die sie von K. erfahren hatte. Trotzdem schien Fräulein
Montag K. nicht böse zu sein, denn sie wollte ihn sogar, wie K. zu bemerken
glaubte, dem Hauptmann vorstellen. Aber K. wollte nicht vorgestellt werden, er
wäre nicht imstande gewesen, weder dem Hauptmann noch Fräulein Montag gegenüber
irgendwie freundlich zu sein, der Handkuß hatte sie für ihn zu einer Gruppe
verbunden, die ihn unter dem Anschein äußerster Harmlosigkeit und
Uneigennützigkeit von Fräulein Bürstner abhalten wollte. K. glaubte jedoch nicht
nur das zu erkennen, er erkannte auch, daß Fräulein Montag ein gutes, allerdings
zweischneidiges Mittel gewählt hatte. Sie übertrieb die Bedeutung der Beziehung
zwischen Fräulein Bürstner und K., sie übertrieb vor allem die Bedeutung der
erbetenen Aussprache und versuchte es gleichzeitig so zu wenden, als ob es K.
sei, der alles übertreibe. Sie sollte sich täuschen, K. wollte nichts
übertreiben, er wußte, daß Fräulein Bürstner ein kleines
Schreibmaschinenfräulein war, das ihm nicht lange Widerstand leisten sollte.
Hierbei zog er absichtlich gar nicht in Berechnung, was er von Frau Grubach über
Fräulein Bürstner erfahren hatte. Das alles überlegte er, während er kaum
grüßend das Zimmer verließ. Er wollte gleich in sein Zimmer gehn, aber ein
kleines Lachen des Fräulein Montag, das er hinter sich aus dem Eßzimmer hörte,
brachte ihn auf den Gedanken, daß er vielleicht beiden, dem Hauptmann wie
Fräulein Montag eine Überraschung bereiten könnte. Er sah sich um und horchte,
ob aus irgendeinem der umliegenden Zimmer eine Störung zu erwarten wäre, es war
überall still, nur die Unterhaltung aus dem Eßzimmer war zu hören und aus dem
Gang, der zur Küche führte, die Stimme der Frau Grubach. Die Gelegenheit schien
günstig, K. ging zur Tür von Fräulein Bürstners Zimmer und klopfte leise. Da
sich nichts rührte, klopfte er nochmals, aber es erfolgte noch immer keine
Antwort. Schlief sie? Oder war sie wirklich unwohl? Oder verleugnete sie sich
nur deshalb, weil sie ahnte, daß es nur K. sein konnte, der so leise klopfte? K.
nahm an, daß sie sich verleugne und klopfte stärker, öffnete schließlich, da das
Klopfen keinen Erfolg hatte, vorsichtig und nicht ohne das Gefühl, etwas
Unrechtes und überdies Nutzloses zu tun, die Tür. Im Zimmer war niemand. Es
erinnerte übrigens kaum mehr an das Zimmer, wie es K. gekannt hatte. An der Wand
waren nun zwei Betten hintereinander aufgestellt, drei Sessel in der Nähe der
Tür waren mit Kleidern und Wäsche überhäuft, ein Schrank stand offen. Fräulein
Bürstner war wahrscheinlich fortgegangen, während Fräulein Montag im Eßzimmer
auf K. eingeredet hatte. K. war dadurch nicht sehr bestürzt, er hatte kaum mehr
erwartet, Fräulein Bürstner so leicht zu treffen, er hatte diesen Versuch fast
nur aus Trotz gegen Fräulein Montag gemacht. Um so peinlicher war es ihm aber,
als er, während er die Tür wieder schloß, in der offenen Tür des Eßzimmers
Fräulein Montag und den Hauptmann sich unterhalten sah. Sie standen dort
vielleicht schon, seitdem K. die Tür geöffnet hatte, sie vermieden jeden
Anschein, als ob sie K. etwa beobachteten, sie unterhielten sich leise und
verfolgten K.s Bewegungen mit den Blicken nur so, wie man während eines
Gespräches zerstreut umherblickt. Aber auf K. lagen diese Blicke doch schwer, er
beeilte sich, an der Wand entlang in sein Zimmer zu kommen.
zum 5. Kapitel
Balladen
Fabeln
Märchen
Gedichte
Texte für die Klasse 7, Klasse 8, Klasse 9 und Klasse 10.
Der Prozess von Franz Kafka, Texte von Kafka zum Lesen und Bearbeiten im Deutschunterricht.