Fabeln von Martin Luther
Von der Maus und dem Frosch
„Von der maus und frossch“
Vom Hahn und der Perle
Vom Han und Perlen
Vom Hunde
Vom hunde (Original)
Vom Hunde vnd Schaf
Von der Maus und Frosch
Von der Stadtmaus und der Feldmaus
Vom Wolf und Lämmlein
Von der Maus und dem Frosch
Eine Maus wäre gerne über einem Wasser gewesen und konnte doch nicht, da
bat sie einen Frosch um treuen Rat. Der Frosch war hämisch und sprach: „Binde
deinen Fuß an meinen, so will ich schwimmen und dich hinüberziehen.“
Da sie aber auf das Wasser kamen, tauchte der Frosch hinunter und wollte die
Maus ertränken. Indem aber die Maus sich wehrt und arbeitet, fliegt eine Weihe
daher und erhascht die Maus, zieht den Frosch auch mit heraus und frisst sie
alle beide.
Sei vorsichtig, mit wem du handelst. Die Welt ist falsch und voller Untreue.
Von der maus und frosch (Der Text im Original -
Sprache ändert sich)
Eine maus were gern vber ein wasser gewest / und kund doch nicht/ da bat einen
frosch umb trewen rat, der frosch war hemisch vnd der maus feind vnd sprach/
Binde deinen fuß an meinen, so wil ich schwymmen und dich hinuber zihen. Da sie
aber auffs wasser kamen / tauchet der frosch hinuntern / vnd wolt die maus
ertrencken / Inn dem aber die maus sich wehret und erbeit, fleuget ein weyh
daher vnd erhaschet die maus vnd zeucht den frosch auch mit eraus / und frisset
sie alle beide.
Diese fabel zeigt / Das die wellt ist vol bosheit vund untrew / Aber doch
schlegt untrew allzeit ihren herrn / ... Sihe fur dich trew ist mislich Traw wol
rent das pferd weg
Luthers Fabeln nach seiner wiedergefundenen Handschrift, E. Thiele, 1888.
Vom Hahn und der Perle
Ein Hahn scharrte auf dem Mist und fand eine köstliche Perle. Als er dieselbe im
Kot liegen sah, sprach er: „Sieh, du feines Dinglein, liegst du hier so
jämmerlich. Wenn dich ein Kaufmann fände, der würde sich freuen, und du würdest
zu großen Ehren kommen. Aber du bist mir und ich dir von keinem Nutzen. Ich
nähme ein Körnlein oder Würmlein und ließe ihm alle Perlen.“
Vom Han und Perlen (Der Text im Original -
Sprache ändert sich)
Ejn Han scharret auff der Misten und fand eine köstliche Perlen. Als er
dieselbigen im Kot so ligen sahe, sprach er, Sihe, du feines Dinglin, ligst hie
so jemerlich, Wenn dich ein Kauffmann fünde, der würde dein fro, und du würdest
zu grossen Ehren komen. Aber du bist Mir und Ich dir kein nütze. Ich neme ein
Körnlin oder Würmlin und lies eim alle Perlen. Magst bleiben, wie du ligst.
Vom Hunde
Es lief ein Hund durch einen Strom und hatte ein Stück Fleisch im Maul; als er
aber das Spiegelbild vom Fleisch im Wasser sah, dachte er, es wäre auch Fleisch,
und schnappte gierig danach. Als er aber das Maul auftat, entfiel ihm das Stück
Fleisch, und das Wasser trug es weg; also verlor er beides: das Fleisch und das
Spiegelbild.
Vom hunde (Originaltext)
(Der Text im Original - Sprache ändert sich)
Es lieff ein hund durch ein wasser strom vnd hatte ein stück fleischs ym
maul/Als er aber den schemen vom fleisch ym wasser sihet/wehnet er/es were auch
fleisch/ vnd schnappet gyrig darnach/Da er aber das maul auftthet/entfiel ym das
stück fleischs vnd das wasser fürets weg/Also verlor er beides fleisch vnd
schemen
Vom Hunde vnd Schaf (Der Text im
Original - Sprache ändert sich)
Der Hund sprach ein Schaf für Gericht an vmb Brod /das er jm gelihen hette. Da
aber das Schaf leugnet /berieff sich der Hund auff Zeugen / die musste man zu
lassen. Der erste Zeuge war der Wolff / der sprach /Ich weis / das der Hund dem
Schaf Brod gegelihen hat / Der Weihe sprach / Ich bin dabey gewest. Der Geir
sprach zum Schaf / Wie tharstu das so vnverschampt leugnen? Also verlor das
Schaf seine Sache /vnd musste mit schaden zur vneben zeit seine Wolle angreiffen
/ damit es das Brod bezalet / das es nicht schüldig worden war.
Lere
Hüt dich vor bösen Nachbarn / oder schicke dich auff Gedult / wiltu bey Leuten
wonen / Denn es gönnet niemand dem andern was Guts / das ist der Welt lauff/
Von der Stadtmaus und der Feldmaus
Eine Stadtmaus ging spazieren und kam zu einer Feldmaus. Die tat sich gütlich an
Eicheln, Gersten, Nüssen und woran sie konnte.
Aber die Stadtmaus sprach: „Was willst du hier in Armut leben! Komm mit mir, ich
will dir und mir genug schaffen von allerlei köstlicher Speise.“
Die Feldmaus zog mit ihr in ein herrlich schönes Haus, in dem die Stadtmaus
wohnte und sie gingen in die Kammern, die voll waren von Fleisch, Speck,
Würsten, Brot, Käse und allem. Da sprach die Stadtmaus: „Nun iss und sei guter
Dinge. Solche Speisen habe ich täglich im Überfluss.“
Da kam der Kellner und rumpelte mit den Schlüsseln an der Tür. Die Mäuse
erschraken und liefen davon. Die Stadtmaus fand bald ihr Loch, aber die Feldmaus
wusste nirgends hin, lief die Wand auf und ab und gab schon ihr Leben verloren.
Da der Kellner wieder hinaus war, sprach die Stadtmaus: „Es hat nun keine Not,
lass uns guter Dinge sein.“
Die Feldmaus antwortete: „Du hast gut reden, du wusstest dein Loch fein zu
treffen, derweil bin ich schier vor Angst gestorben. Ich will dir sagen, was
meine Meinung ist: Bleib du eine Stadtmaus und friss Würste und Speck, ich will
ein armes Feldmäuslein bleiben und meine Eicheln essen. Du bist keinen
Augenblick sicher vor dem Kellner, vor den Katzen, vor so vielen Mausefallen und
das ganze Haus ist dir feind. Von alldem bin ich frei und bin sicher in meinem
armen Feldlöchlein.“
Wer reich ist, hat viel Sorge.
Wolf und Lämmlein
Ein Wolf und ein Lämmlein trafen sich zufällig an einem Bach, um zu trinken. Der
Wolf trank oben am Bach, das Lämmlein aber weit entfernt unten.
Als der Wolf das Lämmlein sah, lief er zu ihm und sprach: „Warum trübst du mir
das Wasser, dass ich nicht trinken kann?“ Das Lämmlein antwortete: „Wie kann ich
dir das Wasser trüben? Du trinkst doch oberhalb und könntest es mir eher
trüben.“ Da sprach der Wolf: „Wie, beleidigst du mich auch noch?“ Das Lämmlein
antwortete: „Ich beleidige dich nicht.“ Daraufhin sagte der Wolf: „Dein Vater
hat das vor sechs Monaten ebenfalls getan, und du willst dich als Vater zeigen.
“ Das Lämmlein antwortete: „Damals war ich noch nicht geboren. Warum soll ich
für meinen Vater büßen? Da sprach der Wolf: „Du hast mir aber meine Wiesen und
Äcker abgenagt und verdorben.“ Das Lämmlein antwortete ihm: „Wie kann das
möglich sein, da ich doch noch keine Zähne habe?“ –
„Nun gut“, sagte der Wolf, „auch wenn du gut begründen und reden kannst, werde
ich doch heute nicht ohne Fressen bleiben. “ Und er würgte das unschuldige
Lämmlein und fraß es auf.
Lehre: So ist der Lauf der Welt. Wer fromm sein will, muss leiden, wenn einer
Streit sucht. Denn Gewalt steht über dem Recht. Wenn man dem Hund übel will, hat
er das Leder gefressen. Wenn der Wolf es so will, ist das Lamm im Unrecht.
Fabeln - berühmte Fabeln von Martin Luther
*Der Betreiber dieser Seite distanziert sich ausdrücklich von judenfeindlichen Aussagen Martin Luthers.